Mittwoch, 6. Dezember 2017

Wie ermittelt man den Wert einer Firma und den richtigen Kaufpreis?

Wir erbitten von allen, die sich auf unsere neu ausgeschriebene Analysten-Position bewerben, zwei Investmentempfehlungen als "One-Pager". Einige investieren nur wenige Minuten in die Recherche und antworten sehr oberflächlich. Diejenigen, die sich mehr Mühe geben, versuchen den Unternehmenswert sehr detailliert mit DCF oder dergleichen mehr herzuleiten. Leider ist der "richtige" Wert eine Fiktion. Unternehmensbewertungen sind im besten Fall nur grobe Bestandsaufnahmen - Käufe sollten deswegen auch immer mit einer Sicherheitsmarge von 30 bis 50 % erfolgen. Mit einem solchen Puffer minimiert man das Risiko der Investition.

Zur Veranschaulichung mögen hier unsere Aktienkäufe der ASTM und der Mehrheitserwerb der BBGS von Bilfinger dienen.

Im September 2016 betrug die Marktkapitalisierung des italienischen Autobahnmautbetreibers ASTM EUR 0,9 Mrd. - ein Abschlag von 45 % auf den 1,6 Mrd. Buchwert (=Eigenkapital). Die Rendite (Jahresergebnis geteilt durch Eigenkapital) hatte in den letzten Jahren recht konstant bei 7 % gelegen. Damit schätzten wir den fairen Wert des Unternehmens auf den Buchwert. Der Buchwert je Aktie war - auch durch Aktienrückkäufe - in den letzten 5 Jahren um 8 % p.a. gestiegen. Zusätzlich zur Dividende von 4 % (der Marktkapitalisierung) betrug die Gesamtrendite also 12 % p.a. Nachdem der Börsenwert das 1,1-fache des Buchwerts Mitte 2017 erreicht hatte, verkauften wir die Aktie mit 100 % Gewinn wieder. Für Werte, die wir dauerhaft halten wollen, erwarten wir eine Eigenkapitalrendite von mindestens 11-12 %.

Als wir im August 2014 BBGS von Bilfinger erwarben, bestand die Firma eigentlich nur aus ein paar Excelsheets. Die Einheit war in Bilfinger voll integriert und wurde lediglich als Profitcenter geführt. Wir sind mit den Controllern von Bilfinger gemeinsam durch die Zahlen gegangen und haben uns so eine eigene Firma zusammengebastelt. Diese Unsicherheit hatte natürlich ihren Preis. Auch konnten wir auf Basis der schwachen Zahlenbasis zunächst nicht mit einer Bankfinanzierung rechnen. Ferner war die US-Armee der einzige Kunde der Gesellschaft mit ca. 55 Mio. Umsatz. Wir schätzten, dass diese in den zwei Jahren vor der Übernahme wohl ein operatives Ergebnis von ca. 2,5-3 Mio. hatte. Wir zahlten dafür 5 Mio. zuzüglich eines Earn-out von 2 Mio. Letztlich kauften wir die Gesellschaft nur, weil wir mit Herrn Bayer das Gefühl hatten, einen guten und sehr loyalen Geschäftsführer mit zu erwerben. Allerdings waren wir komplett von ihm abhängig. So hätte er sich jederzeit selbständig machen können, indem er einen oder zwei tüchtige Projektleiter hätte abwerben können. Auch sahen wir das Risiko, dass sich die Gesellschaft bei einem ihrer Großaufträge einmal verkalkuliert. Die Gewinne waren dagegen durch die Ausschreibungspraxis der US-Armee nach oben beschränkt.
Nachdem wir 2017 mit zwei geprüften Jahresabschlüssen aufwarten konnten, haben wir die BBGS vor ein paar Monaten verkauft und dabei unsern Einsatz ca. verdreifacht.   

Es empfiehlt sich, wie in dem Buch 
Superforecasting beschrieben, bei der Unternehmensbewertung mehrstufig vorzugehen. 

Etwa nach folgendem Muster (wie bei einem unserer aktuellen Projekte):
- Operatives Ergebnis 5x
- Zuschlag für starke Marktstellung 1x
- Abschläge für Verkaufsprozess 1-2x:
  1. physischer Datenraum - keine Kopien erlaubt
  2. Käufergarantien erforderlich
- Abschläge für zukünftigen Working Capital-Bedarf (wir übernehmen saisonales Geschäft mit 0 Kasse) 1-2x

Gesamtangebot ca. das 2,5-3,5-fache des operativen Ergebnisses.

Dabei beinhaltet die Ausgangsbewertung (das 5-fache des operativen Ergebnisses) schon eine Sicherheitsmarge von rund 30 % auf ein Unternehmen, das nicht wächst. 

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